CHAO-KANG CHUNG

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Chao-kang Chung

Erich Franz

 

Die Bilder von Chao-kang Chung sind unbeschreibbar. Alles, was man erkennt und beschreibt, löst sich wieder auf und verwandelt sich vollständig in etwas anderes, das sich dann ebenfalls seiner benennenden Bestimmung gleich wieder entzieht. Im bläulichen Dunkel entdeckt man nur mühsam den Maler, sitzend an einem Tisch, auf dem ein Behälter mit Pinseln steht („Die Malkunst“). Der Maler hält eine liegende weiße Leinwand vor sich auf dem Tisch, aber er blickt hinter sich zurück, abgewandt vom Betrachter (wie der Maler auf dem gleichnamigen Gemälde Vermeers), sich abwendend (wie „Betty“ von Gerhard Richter). Man braucht lange, bis man erkannt hat, was alles dargestellt ist, hinter dem Maler eine dunkle Fläche (ein früheres Gemälde von ihm) und rechts eine „weiße“ trapezförmige Leinwand auf einer Staffelei (ein noch unbemaltes Format von Chung).

Nichts, was man erkennt, hat Bestand. Erahnt man all die Motive hinter einer dunkelblauen Glasfläche? Gehört die einrahmende, hellblau leuchtende Neonröhre, die alles überblendet, zum Gemälde? Spiegeln sich die Motive in der Glasfläche, befinden sich also davor? Die gemalte Spiegelung vermischt sich mit realen Reflexen auf dem dick aufgetragenen Firnis-Lack. Die Frontalität der Spiegelung (oder des Durchblicks?) wird wiederum aufgehoben von der Illusion einer räumlich fluchtenden Leinwand, die erzeugt wird durch die Verkürzung des Bildformats nach links hin und den Anblick einer Seitenkante des Gemäldes mit sichtbaren Nägeln.

Die widersprüchlichen Identifizierbarkeiten erinnern an René Magritte. Die Unverlässlichkeit dessen, was wir als Bild erkennen, erinnert an Giulio Paolini. Das Lächeln, das diese Bilder beim Betrachter auslösen, wenn er erkennt, dass sein Erkennen unhaltbar ist, erinnert an François Morellet. All diese Formen von Flüchtigkeit ergeben bei Chao-kang Chung selber ein Spiel – wohl nicht nur ein heiteres.

 

Veröffentlicht in: Malerei 16, Ausst.-Kat. der Kunstakademie Münster in der Dr. Carl Dörken Galerie, Herdecke 2016, S. 19.